Beschaffung

Die zentrale Aufgabe der Beschaffung bestand auch im Geschäftsjahr 2019 darin, die Bedarfe abzusichern und an der Erstellung wettbewerbsfähiger, innovativer Produkte sowie der Optimierung der Kostenstrukturen mitzuwirken. Darüber hinaus haben wir die Digitalisierung der Beschaffungsprozesse weiter vorangetrieben.

Beschaffungsstrategie

Die weiterentwickelte Konzernstrategie TOGETHER 2025+ steht auch innerhalb der Beschaffung für mehr Geschwindigkeit, Fokus sowie Konsequenz und treibt den Wandel stärker voran. So stand das Jahr 2019 im Zeichen der Umsetzung der in der Beschaffungsstrategie erarbeiteten Konzepte. Im Rahmen eines gemeinsamen Zielsystems für die Konzern-Komponente und die Beschaffung wurden die wesentlichen Steuerungsgrößen der Beschaffung überarbeitet. Neben den Material- und Investitionskostenzielen sowie einer termingerechten Vergabeabwicklung berücksichtigt das Zielsystem nun stärker Aspekte der Nachhaltigkeit und das Erreichen von CO2-Neutralität in der Lieferkette.

Zielkostenansätze spielen eine zunehmend wichtigere Rolle in der Beschaffung. Sie ermöglichen die Transparenz der Kosten sowie das Beeinflussen von Konzepten in der frühen Phase der Produktentwicklung durch Orientierung an kalkulatorischen Potenzialen. Darüber hinaus bieten sie Ansätze für ein weltweites Benchmarking und den Austausch von Best Practices.

Um profitables Wachstum zu unterstützen und strategisch relevante und/oder versorgungskritische Hard- und Softwareumfänge abzusichern, wurde ein geschäftsbereichsübergreifendes, strategisches Wertschöpfungsmanagement implementiert. Der neu eingerichtete Ausschuss „Strategisches Wertschöpfungsmanagement“ entscheidet zukünftig über strategische Grundsatzentscheidungen zur Eigenfertigung (Make), Beauftragung (Buy) oder Kooperationen inklusive Beteiligungsmodelle (Partner).

Der zunehmende Anteil an Softwareumfängen und die damit einhergehenden neuen Partner und Lieferanten erfordern Anpassungen in der Prozesskette und in den Vergabekriterien der Beschaffung. Der neu eingerichtete Ausschuss „Corporate Sourcing Committee Digital Car“ steuert zukünftig die optimale Vergabe von Fahrzeug- und fahrzeugnahen Softwareumfängen. Damit bildet er auch eine zentrale Schnittstelle zum 2019 geschaffenen Vorstandsressort der Marke Volkswagen Pkw Digital Car & Services.

Volkswagen FAST – Lieferantennetzwerk als Basis des Erfolgs

Mit der Initiative FAST (Future Automotive Supply Tracks) trägt die Konzernbeschaffung dazu bei, den Volkswagen Konzern und sein Lieferantennetzwerk kooperativ und zukunftssicher weiterzuentwickeln.

Im Rahmen des im Jahr 2015 etablierten Programms ist die Anzahl der strategisch bedeutsamen Partner von Volkswagen auch im Berichtsjahr angestiegen. Mit den Partnern Microsoft, Infineon, Cree/Wolfspeed und AVL List stand das Jahr 2019 vor allem im Zeichen der Stärkung von Partnerschaften im Bereich der emissionsfreien und autonomen Mobilität.

FAST ermöglicht beiden Seiten einen regelmäßigen Austausch, um für die zukünftigen Herausforderungen der Automobilbranche stark aufgestellt zu sein. Anhand festgelegter Kriterien wird den Lieferanten eine umfassende Bewertung des vergangenen Jahres offengelegt, so dass gemeinsam Optimierungen erarbeitet werden können. Kernthemen dieses Austausches sind neben den bestehenden Lieferbeziehungen weiterhin strategische Abstimmungen zu Globalisierung und Innovation.

Im geschäftsbereichsübergreifenden Innovationsprozess werden FAST-Partner insofern priorisiert, dass sie die Möglichkeit erhalten, in den Strategie-Dialogen Vertretern aus Beschaffung und Technischer Entwicklung auf oberer Führungsebene Innovationen vorzustellen. Zu Innovationsveranstaltungen werden relevante FAST-Partner eingeladen, damit sie ihre Kompetenzen einbringen können. Auf dem jährlichen Treffen, dem FAST Summit, wurde über die strategische Ausrichtung der Elektromobilität und der emissionsfreien Zukunft berichtet. Um auch in Zukunft alle Potenziale der Initiative FAST voll ausschöpfen zu können, wird das Programm laufend aktualisiert und weiterentwickelt.

Elektromobilität

Als zentrale Aufgabe der Beschaffung gilt es in Bezug auf die Elektromobilitätsoffensive, die rapide wachsenden Bedarfe bis 2025 nachhaltig abzusichern und dabei die Kostenstrukturen zu optimieren.

Durch angepasste Organisationsstrukturen in der Konzern-Beschaffung setzen wir dabei den Fokus auf die Themen Hochvolt-Batterie und E-Rohstoffe. Über Benchmarking und bedarfsgerechte Qualifizierung steigern wir die Einkaufskompetenz unserer Beschaffungsorganisation im Bereich der Elektromobilitätsoffensive.

Im Zuge der Auftragsvergaben an unsere Partner in Sachen Elektromobilität stellen wir klare Anforderungen bezüglich nachhaltiger Lieferantenquellen, transparenter und nachverfolgbarer Lieferströme sowie Energie- und CO2-optimierter Lieferketten. Weltweite Bedarfe aus den Märkten Europa, Amerika und Asien bündeln wir in Konzernvergaben mit dem Ziel der Kostenführerschaft bei Elektromobilitätslösungen. Dabei achten wir auf Diversifizierung sowie Lokalisierung des Lieferantenportfolios, um wirtschaftliche und geopolitische Risiken zu reduzieren.

Digitalisierung der Versorgung

Wir arbeiten konsequent daran, eine komplett digitalisierte Lieferkette umzusetzen. Sie soll uns dabei unterstützen, die Versorgung abzusichern und konzernweit Synergien zu heben, um eine führende Position bei Kosten- und Innovationen zu erreichen. Dafür schaffen wir eine gemeinsame Datenbasis und nutzen innovative Technologien, die eine effiziente, vernetzte Zusammenarbeit in Echtzeit ermöglichen – im Konzern wie auch mit unseren Partnern. Mit der Funktionalbereichsstrategie im Bereich der Beschaffung sollen Transaktionen mit unseren Lieferanten zukünftig standardisiert und wo möglich automatisiert werden, um nicht nur Transaktionskosten zu reduzieren, sondern auch Geschäftsprozesse zu beschleunigen. Mögliche Versorgungsrisiken können automatisiert gemeldet werden, um Maßnahmen und Alternativen gemeinsam schneller zu identifizieren. Im Jahr 2018 wurde mit der Digitalisierungsstrategie der Konzern-Beschaffung der Grundstein für die Zukunft der Beschaffung gelegt. Mit dieser Strategie sollen nicht nur die Schwächen der IT-Systemlandschaft der Beschaffung behoben, sondern auch Effektivität, Effizienz und Zukunftsfähigkeit der Organisation gesteigert werden.

Struktur der wichtigsten Beschaffungsmärkte

Unsere Beschaffung ist global organisiert und in den wichtigen Märkten weltweit präsent. Dadurch ist gewährleistet, dass sowohl Produktionsmaterial und Sachinvestitionen als auch Dienstleistungen weltweit in der geforderten Qualität und zu bestmöglichen Konditionen beschafft werden können. Aufgrund der Vernetzung der Beschaffungsorganisationen der Marken sind wir in der Lage, konzernweit Synergien auf den verschiedenen Beschaffungsmärkten zu heben.

Der Volkswagen Konzern betreibt, zusätzlich zu den Beschaffungseinheiten der Marken, acht Regionalbüros: In Wachstumsmärkten ermitteln und qualifizieren wir lokale Lieferanten, um Kostenvorteile für alle Produktionsstandorte im Konzern zu realisieren. Dabei rücken auch Start-ups und Softwarelieferanten in den Fokus. In bekannten und etablierten Märkten unterstützen die Regionalbüros den Zugang zu neuesten Technologien und Innovationen.

Versorgungssituation bei Kaufteilen und Vormaterialien

Die systematische Versorgungsabsicherung von Kaufteilen ist eines der Ziele der Beschaffung. Negative Auswirkungen auf die Produktion im Konzern durch unvorhersehbare Ereignisse wie Naturkatastrophen konnten nach besten Möglichkeiten minimiert werden.

Kaufteile- und Lieferantenmanagement

Das heutige Marktumfeld ist gekennzeichnet durch anhaltende Segmentierung, Diversifikation und Globalisierung. Diesen Herausforderungen stellen wir uns, in dem wir Lieferantenprozesse durch das Kaufteile- und Lieferantenmanagement begleiten und überwachen. Unser Fokus liegt darauf, den Industrialisierungsprozess der Kaufteile von ihrer Entwicklung bis zur Serienproduktion an den jeweiligen Lieferantenstandorten sicherzustellen. Die Komplexität der Bauteile erfordert dabei eine regelmäßige Kontrolle der Fertigungskapazitäten. Es ist essenziell, dass wir mögliche Störungen frühzeitig identifizieren und notwendige Gegenmaßnahmen schnell ergreifen. Die enge Zusammenarbeit mit der Qualitätssicherung der Produktionsstandorte ist ausschlaggebend für eine stabile Anlauf- und Serienversorgung mit Kaufteilen für unsere Fahrzeugprojekte.

Nachhaltigkeit in den Lieferantenbeziehungen

Grundlage erfolgreicher Geschäftsbeziehungen mit unseren Geschäftspartnern bilden die Beachtung von Menschenrechten sowie Arbeits- und Gesundheitsschutzstandards, ein aktiver Umweltschutz und die Korruptionsbekämpfung. Diese Nachhaltigkeitsstandards sind in den vertraglich verbindlichen „Anforderungen des Volkswagen Konzerns zur Nachhaltigkeit in den Beziehungen zu Geschäftspartnern (Code of Conduct für Geschäftspartner)“ definiert. Gleichzeitig ist dort die Erwartung formuliert, diese ihrerseits an ihre Lieferanten weiterzugeben. Das Einhalten der Anforderungen wird von uns mithilfe des Managementsystems überprüft – und ist seit 2019 ausdrücklich vergaberelevant.

In unserem neu eingeführten Nachhaltigkeitsrating ermitteln wir die Nachhaltigkeitsperformance der Lieferanten mithilfe von Selbstauskünften und Vor-Ort-Überprüfungen. Bis Ende 2019 lagen uns 12.646 Selbstauskünfte und 1.331 Auditergebnisse vor. An Lieferanten, bei denen wir eine mangelhafte Umsetzung oder Verstöße feststellen, wird in der Regel kein Auftrag vergeben. Die Verknüpfung von Vergabeentscheidungen an Nachhaltigkeitskriterien ist einer der stärksten Hebel, um diese durchzusetzen. Auf bestehende Nachhaltigkeitsrisiken und -verstöße, auch in der vorgelagerten Lieferkette, reagieren wir mit der systematischen Durchführung von Maßnahmen. Dazu gehören je nach Schwere etwa die Aufnahme von Spezifikationen und Maßnahmen in die Lastenhefte der Lieferanten. Im Kontext der Einführung des Nachhaltigkeitsratings haben wir den Fokus auf die Fort- und Weiterbildung der Lieferanten noch einmal erhöht: Im Geschäftsjahr 2019 haben rund 1.100 Lieferanten in sieben Ländern das Qualifizierungsangebot wahrgenommen.

Von besonderer Bedeutung waren 2019, bedingt durch den Wandel des Konzerns zum Anbieter nachhaltiger Mobilitätslösungen, die zwei Themenschwerpunkte Dekarbonisierung und verantwortlicher Rohstoffbezug. Um hier eigenen und externen Anforderungen gerecht zu werden, haben wir unsere Aktivitäten deutlich ausgeweitet. So haben wir konsequent die Nutzung regenerativer Energie bei Batterielieferanten im Lastenheft verankert und in einer Reihe von Workshops mit strategischen Lieferanten Maßnahmen zur CO2-Reduzierung vereinbart. Ebenso nachdrücklich verlief unser Engagement zum Thema Nachhaltigkeit im Zusammenhang mit Rohstoffen. Mit einem Fokus auf die Batterierohstoffe und deren potenziell nachteilige Auswirkungen auf Mensch und Umwelt in der vorgelagerten Kette haben wir unsere Aktivitäten jenseits unserer direkten Vertragspartner deutlich ausgeweitet. Dazu gehörten als wesentliche Bestandteile die Durchführung von Audits, die Arbeit mit zertifizierten Schmelzen und die Erarbeitung eines Nachhaltigkeitsstandards für Minen.

Grundlage für einen Großteil dieser Maßnahmen ist die Transparenz der Lieferkette. Um diese zu erhöhen, führten wir 2019 eine Reihe von Pilotprojekten durch. Dazu gehören etwa Blockchain-Projekte zur Nachverfolgung einzelner Lieferketten oder das Auditieren kritischer Unterlieferanten an neuralgischen Punkten von Hochrisiko-Lieferketten. Hervorzuheben ist an dieser Stelle das Responsible Sourcing Blockchain Network (RSBN), in dem wir gemeinsam mit anderen Großunternehmen die Kobalt-Lieferkette nachverfolgen und nachhaltiger gestalten wollen.